Gesetzliche Erbfolge: Verwandtenerbrecht

A. Was bedeutet Verwandtenerbrecht?

Hierunter versteht man die gesetzliche Regelung der Verteilung des Nachlasses unter Verwandten des Erblassers. Zu den Verwandten zählt nicht die Ehefrau. Die gesetzliche Erbfolge des Ehegatten ist unter Ehegattenerbrecht dargestellt.



B. Wie ist die gesetzliche Erbfolge geregelt?

I. Vorrang der Erben erster Ordnung.
Zuerst sind die Erben erster Ordnung als Erben berufen. Sie schließen die Erben der zweiten, dritten und weiteren Ordnungen von der Erbfolge aus.

1. Abkömmlinge als Erben erster Ordnung
Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers.
Abkömmlinge sind die mit dem Erblasser in gerader Linie absteigend verwandten Personen, also Kinder, Enkel, Urenkel usw.
Heute ist anerkannt, dass auch das nichteheliche Kind Abkömmling des Erblassers ist, sofern dessen Vaterschaft anerkannt oder festgestellt wird. Kein Abkömmling ist hingegen ein voreheliches Kind des Ehegatten mit einem anderen Partner.
Wer Vater eines Kindes ist bestimmt sich nach §1592 BGB. Die Frage nach der Mutter des Kindes ist in § 1591 BGB geregelt (Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat).

2. Erbfolge innerhalb der ersten Ordnung:

a. Das Stammprinzip, § 1924 Absatz 4 BGB
Zunächst bildet jedes Kind und dessen Abkömmlinge einen Stamm.
Jeder Stamm erhält den gleichen Erbteil.
Beispiel: Hat der Erblasser drei Kinder, so bildet jedes Kind (mit seinen Nachkommen) einen Stamm. Jeder Stamm erbt 1/3 des Nachlasses.
b. Das Präsentationsprinzip, § 1924 Absatz 2 BGB / das Eintrittsrecht, §1924 Absatz 3 BGB
aa. Innerhalb eines Stammes schließen die lebenden Stammeltern ihre Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
Beispiel: Der Erblasser hat einen Sohn. Dieser Sohn hat wiederum drei Töchter. Wenn der Erblasser stirbt, erbt die der Sohn alles. Dessen Töchter sind von der Erbfolge ausgeschlossen.
bb. Sind die Stammeltern verstorben, rücken die Kinder in die Erbposition.
Beispiel: Der Erblasser hat einen Sohn. Dieser Sohn hat wiederum drei Töchter.
Am 1.1. verstirbt der Sohn. Am 1.2. stirbt der Erblasser.
Erbfolge: Die drei Töchter erben den Nachlass zu jeweils 1/3.

II. die Erben zweiter Ordnung, §1925 Absatz 1

Sind Erben erster Ordnung (Abkömmlinge) nicht vorhanden, so erben die Erben zweiter Ordnung. Die Erben zweiter Ordnung schließen wiederum Erben nachfolgender Ordnungen aus.

1. Eltern und Geschwister als Erben zweiter Ordnung
Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, §1925 Absatz 1 BGB.
Hier können also neben den Eltern auch die Geschwister, Neffen und Nichten des Erblassers erbberechtigt sein.

2. Erbfolge innerhalb der zweiten Ordnung:
a. Linienprinzip
Jeder Elternteil bildet mit seinen Nachkommen eine Linie (mütterliche Linie/väterliche Linie). Jede Linie erbt zu gleichen Teilen.
Beispiel: Der Erblasser verstirbt und hinterlässt nur seinen Vater und seine Mutter. Ergebnisse: Vater und Mutter Erben zu je 1/2.
b. Das Präsentationsprinzip, § 1925 Absatz 2 BGB / das Eintrittsrecht, §1925 Absatz 3 BGB
aa. Lebende Linienvertreter schließen deren Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
Beispiel: Erblasser hinterlässt seinen Vater und eine Schwester.
Lösung: Der Vater schließt die Schwester von der Erbfolge aus
bb. Ist der Linienvertreter verstorben, so rücken seine Abkömmlinge in die Erbposition.
Beispiel: Erblasser hinterlässt eine Schwester und einen Bruder; der Vater starb vor dem Erblasser.
Lösung: Da der Vater wegfällt, erben Schwester und Bruder als seine Abkömmlinge zu je 1/2.

III. Die Erben dritter Ordnung
Sind Erben erster Ordnung (Abkömmlinge) und Erben zweiter Ordnung (Eltern und deren Abkömmlinge) nicht vorhanden, so Erben die Erben dritter Ordnung. Die Erben dritter Ordnung schließen wiederum Erben nachfolgender Ordnungen aus.

1. Großeltern / Tanten / Onkel als Erben dritter Ordnung
Erben dritter Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, §1926 BGB.
Hier können also neben den Großeltern auch die Onkel, Tanten, Cousinen und Vettern des Erblassers erbberechtigt sein.

2. Erbfolge innerhalb der dritten Ordnung:

a. Linienprinzip
Jeder Großelternteil bildet mit seinen Nachkommen eine Linie (großväterliche Linie mutterseits / großmütterliche Linie mutterseits und großväterliche Linie vaterseits / großmütterliche Linie vaterseits). Jede Linie erbt zu gleichen Teilen.
Beispiel: Der Erblasser verstirbt und hinterlässt nur seinen Großvater-vaterseits und seine Großmutter vaterseits. Großeltern mutterseits sowie Abkömmlinge aus diesen Linien existieren nicht mehr. Ergebnisse: Großvater und Großmutter erben zu je 1/2.
b. Das Präsentationsprinzip, § 1925 Absatz 2 BGB / das Eintrittsrecht, §1925 Absatz 3 BGB
aa. Lebende Linienvertreter schließen deren Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
bb. Ist der Linienvertreter verstorben, so rücken seine Abkömmlinge in die Erbposition.

4. Die Erben vierter Ordnung.
Die Erben 4. Ordnung erben erst dann, wenn Vertreter vorgehender Ordnungen nicht vorhanden sind.
Bei der vierten Ordnung erbt derjenige, der am nächsten mit dem Erblasser verwandt ist, § 1928 Absatz 3 BGB, sofern nicht noch die Urgroßeltern leben.

5. Einschränkung der Erbquote durch das Ehegattenerbrecht.
Der Ehegatte des Erblassers ist nicht mit diesem verwandt; deswegen gilt für den Ehegatten auch nicht dass hier dargestellte Verwandtenerbrecht.
Inwiefern das Verwandten Erbrecht eingeschränkt wird, entnehmen Sie bitte den Erläuterungen unter dem Ehegattenerbrecht.

V. Der Staat als Erbe
Nur wenn sich kein Verwandter als Erbe findet, erbt der Staat, §1936 BGB