Bundesgerichtshof -Urteil vom 11.07.2012 - Az. VIII ZR 138/1
Sachverhalt:
Der Mieter hatte in seiner Wohnung Schimmel und Kondenswasser festgestellt. Er führte dies auf einen Gebäudeschaden zurück, während der Vermieter mangelhaftes Heizungs- und Lüftungsverhalten des Mieters verantwortlich machte. Der Mieter minderte 20 Prozent der Bruttomiete. Nach einem Mietrückstand, der mehr als zwei Monatsmieten betrug, kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristlos. Ein vom Amtsgericht bestellter Sachverständiger stellte dann fest das die Feuchtigkeitsbildung auf das mangelhafte Lüftungsverhalten des Mieters zurückzuführen war. Der Mieter glich sechs Monate nach Zustellung der Räumungsklage Rückstand der Miete aus.
Der Mieter ist der Auffassung, die fristlose Kündigung sei unwirksam, da er nicht habe erkennen können, dass die Mietzinsminderung unberechtigt war zumindest sei die MInderung nicht offensichtlich unberechtigt gewesen. Ihn treffe somit kein Verschulden.
Antrag des Vermieters:
Räumung der Wohnung
Entscheidung:
Der Räumungsanspruch des Vermieters ist berechtigt.
Anspruchsgrundlage: § 546 Abs. 1 BGB
Nach § 546 BGB ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.
Das Mietverhältnis wurde durch die fristlose Kündigung des Vermieters gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam beendet.
Rechtliche Lösung des Gerichts:
Der Vermieter hat das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt, da der Mieter in einen Zeitraum, der sich über mehrere Termine erstreckt mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB).
Summenmäßig hatte der Mieter mehr als zwei Monatsmieten einbehalten.
Er befand sich auch mit der Zahlung in Verzug gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Dem Mieter stand kein Minderungsrecht zu, da sein Heizungs- und Lüftungsverhalten Ursache für die Feuchtigkeitserscheinungen war.
Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt der Verzug nicht, weil die vorgenommene Mietminderung angesichts der zunächst unklaren Ursache der Schimmelpilzbildung nicht offensichtlich unberechtigt gewesen war.
Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, wenn die Mietzahlung aufgrund eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Vorsatz und Fahrlässigkeit, § 276 BGB. Fahrlässigkeit bedeutet die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Dass der Mieter bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt nicht hätte erkennen können, dass Ursache der Schimmelpilzbildung sein eigenes Wohnverhalten war, hat er nicht dargetan.
Er dringt auch nicht mit seinem Vorbringen durch, dass Verzug nicht gegeben ist, weil seine Einschätzung nicht offensichtlich unberechtigt gewesen sei.
Es besteht kein Grund, im Rahmen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu Gunsten des Mieters einen milderen Sorgfaltsmaßstab anzulegen als anderswo. Ansonsten liefe es darauf hinaus, dass sich die Haftung des Mieters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Für eine derartige Privilegierung des Mieters besteht kein Anlass.
Es wird mit dieser Auffassung auch kein unzulässiger Druck auf den Mieter dahingehend ausgeübt, auf seine Mängelrechte gemäß § 536 BGB zu verzichten. Denn der Mieter hat folgende Möglichkeit: Er kann den Minderungsbetrag, den er für angemessen hält, unter dem einfachen, lediglich die Wirkungen des § 814 BGB ausschließenden Vorbehalt der Rückforderung an den Vermieter zahlen. Hiermit verbleibt ihm die Möglichkeit, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein.
Der Mieter hätte dem Räumungsanspruch nur dadurch die Grundlage entziehen können, dass er innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB (zwei Monate ab Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches) die Mietrückstände vollständig ausgeglichen hätte. Dies ist nicht geschehen.
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